Afrikanische Spiele - Roman by Ernst Jünger

Afrikanische Spiele - Roman by Ernst Jünger

Autor:Ernst Jünger [Jünger, Ernst]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783608105940
Herausgeber: Klett-Cotta Verlag
veröffentlicht: 2013-10-27T23:00:00+00:00


16

Auch die zweite Nacht verbrachte ich auf meinem Segeltuch. Früh wurde ich von Benoit geweckt; er forderte mich auf, Afrika zu sehen.

Eilig trat ich an die Reling; es war noch dunkel, nur ein feuchter Lufthauch kündigte den Morgen an. Ich sah nichts als ein zitterndes grünes Licht, dem wir uns langsam näherten. Dann tauchten in der Dämmerung verschwommene Umrisse von Bergen auf. Endlich stieg hinter uns die Sonne aus dem Meer und beleuchtete eine Reihe von mächtigen Kuppen, die dunkelrot in ihrem Lichte schimmerten. Zu ihren Füßen säumten die flachen, weißen Häuser einer Stadt das Meer. Benoit nannte sie Oran; der fremdartige Name gefiel mir wohl. Wir landeten an einem steinernen Kai, der den Hafen umschloß und auf dem eine zerlumpte, dunkelhäutige Menge das Schiff erwartete.

Wir waren nun an der Küste, und gern hätte ich mich gleich hier auf und davon gemacht, um meiner Wege zu gehen. Wir wurden jedoch, genau wie in Marseille, durch ein Kommando abgeholt, und ich mußte mich wohl oder übel entschließen, eine bessere Gelegenheit abzuwarten.

Man führte uns einen Weg hinauf, der in den roten Felsen gehauen war. Seine Ränder waren mit verstaubten Aloen bestanden, deren mächtige, zunderdürre Blütenschäfte Glockenspiele von vertrockneten Rispen entfalteten. Wir bekamen hier einen Vorgeschmack von stärkerer Sonne; Paul und seine Kumpane zogen sich die Jacken aus. Ihren Gesprächen war zu entnehmen, daß sie sich auf dem Schiff gut unterhalten hatten; sie schienen sich verschworen zu haben, sich hier das Leben möglichst angenehm zu machen und möglichst wenig zu arbeiten. Nur Leonhard schlich betrübt neben ihnen her und wischte sich mit einem großen Taschentuch den Schweiß von der Stirn. Ich unterhielt mich mit Benoit über die Erscheinungen, die uns begegneten – einen Araber, der, in einen groben Wollmantel gehüllt, auf einem Eselchen vorbeiritt, ein Mädchen mit Halbschleier und einem blauen, auf die Stirn tätowierten Pfeil, einen kleinen Burschen, der einen schwarzen Fisch mit roten Kiemen an einer Weidenrute trug.

Wir strebten einer niedrigen, lehmgelben Umwallung zu, welche die Spitze eines der aus dem Meer aufsteigenden Berge krönte und die Benoit als das Fort Sainte-Thérèse bezeichnete. Das Gemäuer umschloß, wie wir beim Eintritt sahen, außer einigen dürftigen Schuppen, in denen die Besatzung hauste, einen viereckigen, gepflasterten Hof, in dem es nach Küchenabfällen roch. Hier reichte man uns einige gebackene, stachlige Fische, Brot und einen Becher Wein; auch wurde für jeden etwas Wäsche ausgeteilt.

Nach dem Essen wurden wir in einen wüsten Garten geführt, der unterhalb der auf das Meer gerichteten Mauer lag und in dem einige Feigenbäume kümmerlich ihr Leben fristeten. Hier stellte man uns vor einem großen Steinhaufen auf; wir sollten die Steine in Körbe laden und am anderen Ende des Gartens zu einer Mauer aufschichten.

Es ging dabei, wie bei allen Arbeiten solcher Art, ganz gemütlich zu; unser Dienst hatte mehr den Anstrich eines ausgedehnten Nachmittagsgesprächs, durch das Paul sich mit den Soldaten belustigte, die uns lässig beaufsichtigten.

Ich stand, auf einen Schaufelstiel gelehnt, dabei und füllte auch zuweilen einen Korb mit Steinen an, den Franke mir mit mürrischem Gesicht, das noch die blauen Spuren von Reddingers Faustschlägen trug, vor die Nase schob.



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